Im ersten Teil dieser Serie ging es zurück in die frühen 80er Jahre. Wir bewegten uns im Dreieck Hamburg, Stuttgart, Börnersdorf. Irgendwo zwischen Dichtung und Wahrheit. Allerdings mehr auf der Seite der Wahrheit.
Ein ähnliches Spannungsfeld hält auch die heutige Podcastempfehlung bereit, doch ich möchte meinen, dass wir hier einen deutlichen Hang zur dunklen Seite haben. Naja, es geht um… Spuk.
2. Blutiger Herbst –
Eine bayerische Geistergeschichte
(BR/Dlf Kultur 2019)

Eines vorweg: Dieser Podcast ist etwas für Freunde des gepflegten Grusels. Eingefleischte Horrorfans werden bei dieser Produktion die Schockmomente, die Liebhaber von Psychothrillern die menschlichen Abgründe vermissen. Denn es geht verhältnismäßig zahm zu bei dieser Geschichte aus dem Bayerischen Wald, 1975. Aber eben nicht ganz mit rechten Dingen…
Am Straßenrand is‘ a Frau g’standen. A weng a Oide mit’am schwarzen Gwand, un‘ weil’s g’regnet hod, hob i’s mitgnommen. Fui g’red hod’s ned, aber auf amol fängt’s an: „An guadn Frühling kriegn ma und an scheena Somma, aber an bluadigen Herbst.“ „Wia moanen’s denn jetzt des?“ I dreh mir zu ihr um. Und da is der Platz leer (…)
Blutiger Herbst #1 – Die Frau in Schwarz
Diese Geschichte soll vor rund 50 Jahren im Bayerischen Wald zugetragen haben – nicht nur einmal, sondern öfters. So oft, dass die „schwarze Frau“ noch heute vielen Menschen in der Gegend ein Begriff ist. Doch was steckte wirklich dahinter? Wie konnte eine so simple Gruselgeschichte ohne handfeste Beweise (abgesehen von ein paar angeblich „echten“ Fotos) so rasant an Fahrt aufnehmen, dass ihre Bremsspuren bis in die Gegenwart reichen? Darum geht es in der vierteiligen Podcast-Serie Blutiger Herbst: eine dokumentarische Spurensuche voller ungeahnter Wendungen. (Konnichiwa!) Zwar ohne Blut – soviel sei verraten – dafür aber mit viel Lokalkolorit.
Weil ich nicht spoilern will, werde ich es bei dieser knappen Beschreibung belassen. Wer mag, soll sich gern selbst ein bisschen gruseln. Blutiger Herbst findet ihr auf z.B. auf der Website des BR – und überall dort, wo es Podcasts gibt.
Und noch eine Bemerkung am Rande:
Gerne würde ich eine schlüssige Erklärung dafür liefern, warum ich ausgerechnet für diese Art von Geschichten ein besonderes Faible habe. Es gibt mit Sicherheit Wichtigeres auf der Welt als sich mit alten Spukgeschichten zu beschäftigen…
Vielleicht löse ich aber einfach nur gerne Rätsel?
Im Grunde genommen entspinnt sich jede Geistergeschichte um ein Rätsel. Der rational-aufgeklärte Mensch lässt aber gemeinhin auch bei den wundersamsten Ereignissen nur Lösungen innerhalb eines bestimmten Spielraums zu, nämlich eines solchen, der die Existenz von Geistern jeder Art konsequent verneint. Mit der üblichen Logik kommen wir also nicht mehr weit. Wir stehen vor einer besonderen Herausforderung.
Kleiner Exkurs: Ich finde es bezeichnend, dass sogar bei Vorzeige-Rationalist Sherlock Holmes in der Gruselepisode The Hounds of Baskerville (2012) erstmals eine Gefühlsregung durchbricht, die er sich unter normalen Umständen nie zugestehen würde: Er zweifelt an seinem eigenen Verstand, für ihn die absolute Horrorvorstellung…
Natürlich findet er wenige Stunden später wieder zu alten Größe zurück und löst das Rätsel um die „Hunde von Baskerville“ mit Bravour. In seiner – und übrigens auch in meiner Welt – muss es für jede Art von Spuk eine banale Erklärung geben.
Das verbindet uns auch mit dem BR-Reporter Johannes Nichelmann, der sich auf die Spuren der schwarzen Frau begeben hat. Auch er versucht die undichte Stelle einer gut gemachten Täuschung zu finden und – aber gut, ich wollte ja nicht spoilern…
Apropos:
Im Gegensatz zur Figur Sherlock Holmes glaubte sein Schöpfer Sir Arthur Conan Doyle sehr wohl an Geister, Feen und ähnliche übersinnliche Gestalten. Dies bewog ihn wohl auch, 1922 ein Foto der Cottingley Fairies in einem seiner Bücher abzudrucken.
Die Bilder, die zwei junge Mädchen zusammen mit einigen Feen zeigten, waren natürlich ein Fake. Immerhin ein gut gemachter, und das laaange vor Photoshop. So gesehen ist irgendeine Art von Bildmanipulation auch im Deutschland der 70er Jahre vorstellbar.
Es braucht nur das nötige Maß an Enthusiasmus. Und die Vorstellung, so viele Menschen zum Narren halten zu können, muss ungemein beflügelnd sein…